Andacht zum Sonntag Miserikordias Domini ("Barmherzigkeit des Herrn", Hirtensonntag), 4. Mai 2025

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Andacht zum Sonntag Miserikordias Domini ("Barmherzigkeit des Herrn", Hirtensonntag), 4. Mai 2025

03.05.2025

von Superintendentin Hiltrud Anacker

Jesus Christus spricht:
„Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich."
(Johannesevangelium 10,14)

Liebe Leserinnen und Leser!

Jeder Mensch braucht Vitamine. „Vitamine sind essentielle Nährstoffe, die der Körper nicht selbst herstellen kann und daher über die Nahrung aufgenommen werden müssen“ – heißt es in einer Definition. Und dann wird diese Definition gleich wieder eingeschränkt, denn manche kann er z.T. doch herstellen (z.B. Vitamin D - wenn wir unsere Haut dem direkten Tageslicht aussetzen, das hilft, um nicht so niedergeschlagen zu sein: Manchmal muss man einfach 'mal rausgehen). Am besten kennen wir Vitamin C. Das schützt uns z.B. vor Erkältungen. In Obst und Gemüse ist dieses Vitamin enthalten. Wir brauchen aber auch Vitamin B mit seinen Untervarianten. Dieses Vitamin ist zuständig für den Stoffwechsel, für den Aufbau der roten Blutkörperchen und für vieles andere. Unser Körper funktioniert nur gut, wenn von allem die richtige Menge im Zusammenspiel zur Verfügung steht.

In der DDR haben wir manchmal gesagt: "Dazu braucht man Vitamin B." Und wir haben dabei nicht über die roten Blutkörperchen nachgedacht. "Vitamin B" meinte: Um etwas zu erreichen oder zu bekommen, braucht man Beziehungen. Und das Wort "Beziehung" schreibt man bekanntlich mit B. Das Zusammenspiel mit bestimmten Personen und deren Können hatte etwas mit der damaligen Mangelwirtschaft zu tun. Aber eigentlich brauchen wir im Zusammenleben immer gerade dieses "Vitamin B". Das hat dann gar nichts mit Mangel zu tun, sondern dass wir Menschen eine Gattung sind, die auf Beziehungen angewiesen ist. Es gibt ein Grundbedürfnis nicht nur nach Nahrung, Kleidung und Wohnstatt, sondern nach Beziehung. Wie wichtig sind Familie und Freunde! Wie wichtig ist ein Umfeld, in dem wir nicht vereinsamen! Wir brauchen andere, mit denen wir sprechen können. Fragen lassen sich oft besser gemeinsam beraten, um eine sinnvolle Lösung zu finden.

Genau hier setzt Jesus an. Jesus will mit den Menschen in Beziehung treten. Das meint dieses Bild vom "Guten Hirten". Es gibt unzählige Bilder zu dieser bekannten Bibelstelle: Jesus trägt ein Schaf auf seiner Schulter; Jesus tritt verteidigungsbereit mit einem Hirtenstab auf … Sicher haben Sie sofort eine Variante vor Ihrem inneren Auge. Es geht nicht um eine Herde, die ohne zu fragen dem Hirten folgt nach dem Motto: Das sind alles dumme Schafe. Jesus bringt in die Beziehung seine Möglichkeiten ein: Er will sich kümmern. Ziel ist, dass alle genug zum Leben haben. Mir fällt sofort Psalm 23 ein. Er erzählt ausführlich, dass das Leben nicht nur aus der Sonnenseite besteht. Ja, es gibt die grünen Auen, aber eben auch die dunklen Täler. Der gute Hirte geht mit, sucht Weide und frisches Wasser, ist in schwierigen Situationen da und kennt das wunderbare und sichere Ziel. Beziehung heißt nicht, dass nur eine Seite tätig wird. Wenn das so ist, funktioniert es nicht. Beziehung will von beiden Seiten gepflegt werden. Gute Abwehrkräfte und ein funktionierender Stoffwechsel entstehen nicht von allein. Gott wünscht sich im Menschen ein Gegenüber. Das war tatsächlich schon immer so. "Abwehrkräfte" könnten entstehen, wenn "ich" mich daran erinnere, wie Gott in "meinem" Leben schon erkennbar geworden ist. "Stoffwechsel" setzt Nahrung voraus. Diese kann "ich" aufnehmen beim Lesen in der Bibel. Der Austausch über den christlichen Glauben könnte eine Form von "Vitamin A", das gut ist für die Augen - bin "ich" in der Lage, Gottes Wirken zu sehen. Das Gebet ist wohl die direkteste Form, mit Gott in Beziehung zu treten mit Dank, aber auch mit Bitte und Klage. So einfach ist es ja nicht, durch die dunklen Täler zu kommen. Es ist gut, einen "Hirten" zu haben, der die Beziehung zum Menschen will. Dass ist Jesus so wichtig, dass diesem Thema im Johannesevangelium gleich eine ganze Rede, die Hirtenrede, gewidmet ist. Lesen Sie gern nach im 10. Kapitel.
Amen.

Gebet (Psalm 23)

Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segen

Die gute Hand Gottes möge immer auf dir ruhen,
sein Licht möge dir leuchte, wo immer du gehst.
Möge Gottes Hilfe dir immer näher sein als die nächste Tür.
Mögen sich mit an Gottes Tisch nicht nur hungrige Menschen verssammeln,
sondern dies auch ein Ort des Wortes und der Freundschaft, des Lachens und des Zusammenhalts sein. (Form irischer Segenssprüche)
Der Friede Gottes sei mir Dir.
Amen.

Herzlich grüßt Sie
Hiltrud Anacker, Superintendentin

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