Andacht zum 13. Sonntag nach Trinitatis, 14. September 2025

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Andacht zum 13. Sonntag nach Trinitatis, 14. September 2025

13.09.2025

von Superintendentin Hiltrud Anacker

Bibeltext

33Aber Jesus antwortete ihnen: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?“ 34Und er blickte die Leute an, die rings um ihn saßen, und sagte: „Das sind meine Mutter und meine Brüder! 35Wer tut, was Gott will, der ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter.“ (Markus 3,33-35)

beziehungsweise - die Weise von Beziehungen

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute wähle ich eine familiäre Anrede. Das haben schon die ersten Christen untereinander getan. Christsein hat von Anfang an etwas Familiäres an sich. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel.

Dieser Tage sah ich einen Film. Dabei ging es um Familie und die eigene Beziehung dazu. Das Bild der Großfamilie wurde vor Augen geführt: Für die einen bereichernd, für andere beängstigend, für noch andere nicht existent. Einer kannte seine Familie nicht, er war im Heim aufgewachsen. Er meinte: "Ich suche mir meine Familie selbst zusammen." Wo komme ich her? Wer sind meine Eltern? Manche kennen sie nicht: "Aber das musst du doch wissen wollen!" Wer gehört zu mir, wer nicht? Die Weise von Beziehungen lässt manches offen: Sie kann so oder ganz anders sein.

Jesus fragt: "Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?" Manchmal steht etwas zwischen den Zeilen, so auch hier: "Nicht die, die nach mir schicken - da draußen." Das klingt hart. Wenn ich eine solche Reaktion höre, denke ich: "Da stimmt etwas nicht. Eine Familie soll doch zusammenhalten."

Was ist eigentlich eine Familie? Jede und jeder von uns hat unterschiedliche Bilder im Kopf. Das Idealbild malt ein verlässliches Miteinander. In der Familie trägt man Verantwortung füreinander, oder etwa nicht? Familie ist hochsensibles Thema, wie alles unter dem Stichwort "Beziehungen", weil wir alle unsere eigenen Bilder in uns tragen: Die heile Welt oder die Erinnerung an Verletzungen oder den sehnlichen Wunsch nach Geborgenheit.

Die Familie war im sozialen Gefüge z.Z. Jesu noch wichtiger als heute. Sie sollte Stabilität bringen. Die Achtung voreinander steht schon im alttestamentlichen Gesetz beschrieben. Sie war für die soziale Absicherung da, eine andere gab es nicht. So sollte es jedenfalls sein. ABER: Jesus verblüfft. Der Evangelist Markus malt hier keine heile heilige Familie, wie wir sie von der Weihnachtsgeschichte kennen. Das scheint nicht zu dem zu dem Bild zu passen, das Menschen sich von Jesus machen. Er, der sonst immer so verantwortungsbewusst handelt, weist seine Mutter und Geschwister ab. Er fährt seiner Familie geradezu "über den Mund". Das ist hart. Gehört sich das? Natürlich hat die Erzählung eine Vorgeschichte: Jesus ist von Menschen umgeben, die ihm zuhören. Seine Familie will ihn aus dieser Traube herausholen. „Er ist von Sinnen.“ sagen sie. Entweder sind die Familienbeziehungen gestört, oder der Evangelist will noch etwas ganz anderes ausdrücken. "Meine Familie ist viel größer", lässt er Jesus sagen. Als Markus das aufschreibt, weiß er schon um die Kreuzigung Jesu und seine Auferstehung. Vor Augen hat er die jungen christlichen Gemeinden. Diese beschreibt er als „Familie Gottes“. Die ideale Gemeinde gibt es nicht. Er will ihnen den Willen Gottes vor Augen führen: "Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist aus Gott geboren und kennt Gott." (1Jh) "Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40b)

Liebe Schwestern und Brüder, was würde wohl mit unseren Familien, mit den Einsamen, mit unseren Gemeinden, mit unserer Gesellschaft, wenn wir Familie im Sinne Jesu verstünden: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter“? Im Namen Gottes, des Vaters: passen wir aufeinander auf.
Amen.

Gebet

Wir suchen Dich, Gott.
Hilf uns zu lernen, dich in denen zu finden,
die neben uns sind,
die im Licht oder im Schatten stehen.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen

Der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
der weiter reicht als jegliche Diplomatie,
der tiefer ist als alle Freundschaften,
der bewahre Dir Herz und Sinn in Christus Jesus.
Amen.

Herzlich grüßt Sie 

Hiltrud Anacker
Superintendentin

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