13.10.2024
über Lukas 10, 17 - 20; gehalten in der Annenkapelle des Doms zu Freiberg von Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand
Lesung des Predigttextes Lukas 10,17-20 (BB)
Liebe Gemeinde,
ich weiß nicht, wie es euch damit geht. Aber in meinem Leben ist der Alltag doch oft so ein Selbstläufer. Da sind viele Termine, ganz unterschiedliche Sachen, die ich organisiere: Verwaltung, Junge Gemeinde, eine Kirchenvorstandssitzung, Konfis, ein Gottesdienst da, eine Bestattung hier, ein Geburtstagsbesuch, ein Termin irgendwo in Dresden… und dann natürlich auch das Familiäre, die Tochter hat einen Klavierauftritt, ein Elternabend in der Schule steht an, die Oma kommt zu Besuch und muss vom Bahnhof abgeholt werden, meine Frau hat eine Ausstellungseröffnung, ein Kind wird krank… und dann gibt es auch manchmal so diese Tiefschläge, diese Schicksalsschläge. Sie fahren wie ein Blitz ins Herz und halten mich ganz gefangen: die Ehe eines Freundes geht auseinander, der plötzliche Tod eines alten Klassenkameraden, einer alten Freundin… kurz der Alltag und das Leben haben mich im Griff. Besonders merke ich das, wenn ich dann meine Termine im Kalender organisiere – manchmal gar nicht so einfach… und vor allem auch zu sich zu kommen oder wirklich im tiefsten Herzen bei Gott zu sein.
Erst gestern habe ich einen Reel einer Bekannten gelesen. Sie hat den Bayerischen Landesbischof, Christian Kopp, zitiert. Er sagte: „Ich möchte das nicht lächerlich machen, aber vor lauter Beschäftigung mit unseren Regelungen und Strukturen kommen wir manchmal kaum zum Arbeiten“, nämlich den „Blick auf das Höhere, auf den höheren Sinn der Organisation“ [ich sage jetzt einfach mal Gott] zu lenken. Ein großartiger Satz von einem Landesbischof… ich merke, dem geht es ähnlich wie mir. Wie geht es ihnen mit der Balance zwischen Alltagsleben und Gott? Welche Rolle spielt Gott in ihrem Alltag?
Jesus kannte diese Herausforderungen auch schon sehr genau. Er beobachtete sie bei den Menschen, denen er begegnete. Und auch die Jünger waren dafür sensibilisiert worden. Im heutigen Evangelium haben wir eine ganze Palette von Bildern für diese Widrigkeiten des Lebens, diese Widrigkeiten, die den Blick von Gott weglenken. Da ist die Rede von Schlangen und Skorpionen, von Geistern, Dämonen, ja dem Satan selber. All das sind eigenständige Mächte – gar nicht unbedingt immer nur negativ in unserem Gefühl. Sie gehören zum Leben dazu, ja Jesus räumt ihnen eine gewisse Eigenständigkeit ein. Er weiß: die sind nicht von Gott und trotzdem oft so dominant.
Und dann aber passiert in dieser heutigen Geschichte etwas: Diese Mächte gehorchen Jesus und all denjenigen, die Jesus nachfolgen, sich auf Jesus beziehen. Er sagt es so: „Ich habe euch die Vollmacht gegeben…. Die ganze Macht des Feindes [also dieser gottfernen Mächte] könnt ihr überwinden!“
Für mich heißt das:
- die Alltagsabläufe immer wieder mit Jesus Christus hinterfragen… vielleicht die ein oder andere Entscheidung verändern, weil mir Jesus einen anderen Weg weist als es die Regeln des Alltags eigentlich erfordern. Konkret: einfach mal Losung oder einen anderen biblischen Vers zwischen durch zur Hand nehmen und mich inspirieren lassen. Eine Kerze im Büro anzünden, zu mir kommen und überlegen, wie es besser weitergehen kann. Ein Gebet sprechen. Zu Gott kommen.
- Wenn ich total gefangen bin in meiner Trübsal über einen dieser harten Schicksalsschläge, erinnern: Gott ist da. Gott ist mächtiger und bei mir. Da ist dieses eigenartige Bild, das Jesus sagt: „Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel hinabstürzen.“ In anderen Worten: dieses Böse, dieses absolut Deprimierende, Zerstörende hat keine Macht mehr.
Morgen ist ja Michaelistag, Gedenktag der Engel. Und zu diesem Tag gibt dieses Evangelium auch gleich noch einen kleinen Hinweis mit: „Ihr sollt euch nicht darüber freuen, dass euch die Geister gehorchen.“ Vielleicht gelingt es mir eines Tages super meinen Alltag zu meistern. Vielleicht gelingt es mir so gut, dass ich mich dann berufen fühle, einen Lebensratgeber zu schreiben – wie man sie so zahlreich in jeder Buchhandlung findet. Aber dabei muss ich aufpassen – so Jesus –, dass meine Inspiration nicht zu einem Selbstzweck wird: ich fühle mich so überlegen, ich mache es aus purer Lust an der Macht oder aus Besserwisserei. Denn sonst Verkehrt sich die gute Absicht in Egoismus und wird selbst wiederum böse. Überhebt euch nicht, bleibt bei Gott. Und so bleibt er bei euch.
Und dann zum Schluss dieser großartige-tröstliche Satz: „Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind.“ Amen.
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