02.09.2023
von Superintendentin Hiltrud Anacker
Bibeltext
Aus dem 1. Brief des Johannes:
Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist aus Gott ge-boren und kennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist Liebe. Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. (1. Johannes 4, 7 - 9)
Liebe Leser und Leserinnen!
Vor ein paar Jahren habe ich einen Brief geschrieben, einen ungewöhnlichen Brief an meine Familie. Ich habe aufgeschrieben, was ist zu bedenken, wenn ich sterbe. Erschrecken Sie nicht. Ich habe nicht das Gefühl, bald zu sterben. Ich bin gesund und lebe gern. Warum habe ich dann den Brief geschrieben? Damals erlebte ich zwei Bestattungen von verhältnismäßig jungen Menschen. Ich hatte selbst das Ge-fühl, mich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen zu müssen. Und: Dieser Brief war aus mei-ner Sicht ein Akt der Liebe. Ich möchte denen, die ich besonders lieb habe, in der Situation helfen, wenn ich gestorben sein werde. Ich habe den Brief nicht abgeschickt, aber zu meinen wichtigen Unterlagen gelegt und deutlich gekennzeichnet. Ich bin die einzige, die in meiner Wohnung Bescheid weiß. So habe ich Kontoangaben notiert, von denen meine Familie meine Beerdigung bezahlen kann; was sind die wertvollen Dinge, die ich besitze. Ich habe auch aufgeschrieben, welche Wünsche ich für die Trauerfeier habe, die dann einmal gehalten werden wird: Osterlieder als Musik und als biblischen Text mein Taufspruch. Der Brief endet: „Ich bin neugierig auf die Ewigkeit, dieser Blick ermahnt mich, ganz im Jetzt und Hier zu leben.“ Das ist der Brief, den ich geschrieben habe. Er liegt bei meiner Geburts- und bei meiner Taufurkunde.
Meine Taufurkunde ist für mich wie ein Brief Gottes an mich: „Du bist getauft.“ Das heißt: „Ich stehe zu dir. Ich begleite dich, wo auch immer du bist. Du kannst immer zu mir kommen, auch wenn du Fehler machst.“ Es bedeutet nicht: „In deinem Leben gibt es keine Schwierigkeiten.“ Aber dahinter steckt die Zusage: „Ich helfe dir.“ Meine Taufurkunde führt mir Gottes Brief mit seiner Zusage sichtbar vor Augen. Sie ist wie ein tiefgründiger Liebesbrief.
Im 1. Brief des Johannes steht viel von Liebe geschrieben. Wenn es dort heißt „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen“, dann umschreibt dies das sog. „Doppelgebot der Liebe“. Gott führt in die Ewigkeit und möchte, dass wir aus dieser Hoffnung Kraft schöpfen für unser Leben im Jetzt und Hier. Die Liebe unter uns Menschen begründet sich aus der Liebe zu Gott. Und sie funktioniert nur, wenn wir mit uns selbst auch liebevoll umgehen.
Amen.
Gebet
Lasst uns beten:
O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,
dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt,
dass ich verbinde, da, wo Streit ist,
dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,
dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt,
dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,
dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass du mich trachten:
nicht, dass ich getröstet werde,
sondern dass ich andere tröste;
nicht, dass ich verstanden werde,
sondern dass ich andere verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde,
sondern dass ich andere liebe.
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.
Segen
Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus.
Amen.
Herzlich grüßt Sie
Hiltrud Anacker, Superintendentin
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